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Salsa-Tanz: Einblick in Geschichte und Entwicklung

Von den Barrios New Yorks zur Weltbühne: die faszinierende Reise des Salsa-Tanzes

Salsa-Tanz in der heutigen populären Form entstand in den 1960er- und 70er-Jahren in New York. Mit dieser Musik drückten sich die Latinos, die in den Barrios (den Stadtvierteln der Immigranten) lebten, aus. Die aus ihren verschiedenen Herkunftskulturen mitgebrachte Musik mit ihren jeweiligen Instrumenten kombinierten sie und zusammen mit weiteren Elementen aus Pop und Jazz entstand ein Musikgenre, das schon bald erfolgreich vermarktet wurde. 

Salsa (übersetzt Soße) ist in sich schon ein hybrider Begriff, er macht deutlich, dass es verschiedene Zutaten benötigt, um sie herzustellen. Sie ist also eine Synthese vieler unterschiedlicher kultureller Wurzeln, die auch afrikanische und europäische einschließt. Ich vermeide daher bewusst, von einem Ursprungsort oder -land zu sprechen, wobei der Weg nicht an Kuba vorbeigeht. Nicht nur, dass der kubanische Son und die Clave (die von den afrikanischen Sklaven nach Kuba gebracht wurde) in den Grundrhythmen der Salsa wiederzufinden ist. Der aus Kuba importierte Mambo z. B. wurde in den Ballsälen der USA in den 1940er- und 1950er-Jahren zu einem der erfolgreichsten Paartänze, was auch auf andere US-amerikanische Musikstile, wie den Jazz, Auswirkungen hatte. Dies könnte den Grundstein für Salsa in Nordamerika gelegt haben. Allerdings darf man die Entwicklungen, die direkt in Ländern wie Puerto Rico, Kolumbien und Venezuela stattfanden, ebenso wenig außer Acht lassen. Denn hier haben sich unterschiedliche Tanzstile entwickelt, die ebenfalls in die Entwicklungen der „internationalen“ Salsa einflossen. Salsa wurde und wird in gleicher oder ähnlicher Form auch in diesen Ländern getanzt.

Salsa heute: Zwischen Authentizität und moderner Interpretation

Städte wie Cali in Kolumbien oder San Juan in Puerto Rico gelten als Salsa-Hochburgen. Es gibt keine eindeutige Definition von Salsa, ich möchte es auch nicht als Sammelbegriff verwenden. Viele sprechen zwar generalisierend von Latin, aber es ist keineswegs so, dass Salsa in ganz Lateinamerika zur Grundausstattung der Tanzkultur gehört. 

In manche lateinamerikanische Länder gelangte dieser Tanz erst über den Umweg USA (z. B. über die Immigranten, die zurückkehren oder pendeln), oder er ging aufgrund der internationalen Popularisierung in die eigene Musikkultur ein (z. B. Peru, Mexiko).

In den USA war Salsa zunächst politisch belegt, zumindest, was die Texte anbelangte. Sie handelten von Themen, die viele Diaspora-Latinos bewegten: soziale Ungerechtigkeit und finanzielle Not, Verlust und Erinnerung. Daher blieb Salsa auch in zunächst überwiegend marginal, als Musik der unteren Schicht.

Kommerzialisiert wurde Salsa in den 1980er-Jahren. Dabei hatte die Gründung des Musiklabels Fania einen nicht unwesentlichen Anteil (u. a. mit dem Film „Salsa“, der international bekannt wurde, diese Musik aber überwiegend als Made in den USA darstellt). 

Mit der Popularisierung entwickelte sich mehr und mehr eine Richtung, die als Salsa Romántica oder auch als Salsa Erótica bezeichnet wird und sich z. T. als einfache Kost erweist, mit seichter Musik und Texten, die nach Ansicht von Kritikern einiges von ihrer Qualität und Kreativität einbüßten.

Salsa: Die explosive Mischung aus Tradition und Moderne

Mit dem neuen Latin-Pop-Boom in den 1990er-Jahren vereinfachte sich auch die kommerzielle Vermarktung von Salsa weltweit. Zwar gibt es mittlerweile wieder Trends, die z. B. die Salsa Clásica, also klassische Stücke, aufleben lassen oder das Niveau der Texte in den Vordergrund stellen. In erster Linie geht es heute aber um das Tanzen, und es ist so, dass dem Tänzer bei Themen, die sich um Herzschmerz oder den Alltag drehen, die Identifikation leichter fällt. Und wenn man davon ausgeht, dass viele die Texte aufgrund der Sprache gar nicht verstehen, ist es schon beachtlich, welchen Erfolg dieses Genre global hat. 

Als ein anschauliches Beispiel erscheint mir in diesem Zusammenhang der aktuelle Erfolg von Reggaeton, dessen Texte häufig sexistischen Inhalts und der mit sehr eindeutigen tänzerischen Posen getanzt wird. Diese Musikart ist trotzdem äußerst beliebt, scheint einen regelrechten Boom ausgelöst zu haben und wird immer häufiger auch in Salsa-Stücke integriert. (z. B. Andy Montañez, La India). 

Salsa im Wandel: Zwischen romantischer Verspieltheit und kommerziellem Erfolg

Der Rhythmus wird als „ansteckend“ empfunden und für viele (gerade jüngere) Latinos darf Reggaeton mittlerweile auf keiner Party fehlen. Natürlich gibt es auch Ausnahmen und nicht jeder, der gerne tanzt, möchte diese Art von Texten in Kauf nehmen oder ständig Positionen einnehmen, die „eher an etwas anderes erinnern als Tanz“. 

Es ist aber auch nicht so, dass nur Salsa bevorzugt wird. Es kommt auf das Publikum an. Auf einer Party, wo überwiegend Latinos anzutreffen sind, wird man wahrscheinlich eher Gemischtes hören und tanzen, und auf einer „deutschen“ Latin-Party wird meinen Beobachtungen nach überwiegend Salsa getanzt. Dabei ist Salsa auch nicht gleich Salsa. Es gibt viele verschiedene Arten, Salsa zu tanzen.

Es gibt den New York Style oder den Puertorican-Style, die vielfach in Europa unterrichtet und insgesamt auch stark vermarktet werden. Diese knüpfen etwas mehr an die Ballroom-Tänze, also die Tänze, die in den Tanzschulen bisweilen unterrichtet wurden, an und erscheinen dadurch manchen „Schülern“ zugänglicher. Diese Stile sind erkennbar an eleganten Arm- und Handbewegungen, und den Passagen, wo die Partnerin oder der Partner losgelassen wird, um sogenannte Shine-Steps (Solo-Schritte) zu tanzen.

Der kubanische Stil, wird meist enger am Partner getanzt, es werden einzelne Körperpartien isoliert, was häufig mit mehr Hüft- und Armeinsatz einhergeht als beim New York Style oder anderen Stilen. 

Es werden sehr viele Drehungen und „angedeutete“ Drehungen durchgeführt, die für einen Nichtkubaner viel Konzentration erfordern, denn häufig ist es nicht so einfach, die Betonungen, den Rhythmus richtig herauszuhören, und man muss sich stark auf den Partner einlassen.

Tanzuntericht in Santiago de Cuba, Erar und Monica
Tanzuntericht in Santiago de Cuba

Salsa Cubana und Timba

Salsa Cubana bzw. Timba (eine bestimmte Art von Salsa, die sich in Kuba ausgeprägt hat) ist sehr polyrhythmisch, viele Figuren werden sozusagen „gehend“ getanzt. Insgesamt hat sich die Musik und daher die Salsa in Kuba unterschiedlich entwickelt. Grund dafür ist zum einen die praktische Isolation von den USA, die den Musik-Markt beherrscht. Man könnte sagen, dass sich hier eine parallele Entwicklung vollzogen hat. Außerdem wurde von den vielen an Musikhochschulen (des sozialistischen Kubas) ausgebildeten Musikern experimentiert, z. B. afrokubanischer Jazz und weitere Elemente mit Salsa kombiniert. Timba ist ebenfalls daraus entstanden.

Als weitere Stile sind bekannt: der kolumbianische, der venezolanische und der L.A.-Stil. Letzterer kann auch Akrobatik-Einlagen enthalten und man kann ihn z. B. bei internationalen Tanzfestivals, Kongressen oder Workshops erlernen. Prinzipiell kann jede große Stadt oder Region, in der viel Salsa getanzt wird, ihren eigenen Stil (als Nuance) hervorbringen. Es kommt aber auf die Vermarktungsmöglichkeiten und Verbreitungswege an, ob und wieweit sich ein wirklicher Stil ausprägen kann.

Salsa ist also zum einen Ausdrucksmittel der Latinos, die ihre Musik, ihren Tanz mit konkreten Erinnerungen und Bedeutungen verknüpfen, was wiederum Auswirkungen auf die Salsa-Szene als Terrain, als Feld, als Bühne, als konfliktreichen Raum (zumindest wenn es um das Thema Authentizität, um Fremdzuschreibungen oder das Abstecken von Grenzen innerhalb der Szene geht) hat. 

Zum anderen ist Salsa zum Ausdrucksmittel für viele Nichtlatinos geworden, was mit einer Transnationalisierung im Rahmen einer globalen Verbreitung dieser kulturellen Praxis einhergegangen ist. Die transnationalen Elemente sind nach Ansicht der Akteure die Tanzbarkeit, der Rhythmus und das Gefühl, das bewirkt wird: „Wichtig ist nur der Rhythmus, die Musik – der Sänger ist unwichtig. Salsa berührt, ohne dass man die Worte versteht.“

Vielen Dank an die Autorin: Maria Papadopoulos

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